Du kannst keinem trauen by Robison Wells

Du kannst keinem trauen by Robison Wells

Autor:Robison Wells [Wells, Robison]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-14T04:00:00+00:00


12

Um sieben Uhr marschierten wir hintereinander in die Klasse. Die Schüler der Society und von Havoc unterhielten sich im Flüsterton und deuteten auf Lilys leeren Platz. Einige wirkten besorgt, andere selbstgerecht; Letztere warfen einander wissende Blicke zu nach dem Motto: Ich hab’s euch ja gesagt. Ich versuchte, sie zu ignorieren und sah stur geradeaus.

Alles an dieser Schule war falsch. Lily wurde vermisst, war womöglich tot, und trotzdem saßen wir hier und warteten darauf, dass wir Unterricht in Vermessungskunde bekamen, und später würden wir dann zum Ball gehen. Ich musste hier raus, ich musste wegrennen, Hilfe holen, jemandem von der Schule erzählen und die Polizei alarmieren.

Aber trotzdem, in gewisser Weise fühlte auch der Gedanke an Flucht sich falsch an. Ja, ich musste all das tun, aber sollte ich es allein tun? Konnte ich die anderen wirklich zurücklassen und einfach hoffen, dass sie zurechtkamen und ich sie später würde holen können? Konnte ich Jane das antun?

Sie saß jetzt vor mir, die Schultern nach vorn gezogen, die Arme auf den Schreibtisch gestützt. Ihre leuchtend roten Haare waren wirklich wunderschön. Sie waren nicht direkt kupferrot, sondern hatten eher die Farbe von Herbstlaub. Dagegen wirkte ihr roter Uniformpullover grell und billig.

Vielleicht hatte Mason ja recht. Ich musste mich darauf konzentrieren, von hier wegzukommen, nicht auf Mädchen. Jane sollte meine letzte Sorge sein.

Geräuschlos kam Laura ins Klassenzimmer und machte sich einige Minuten an ihrem Computer zu schaffen.

»Willkommen zum Unterricht«, sagte sie schließlich. Ihre Miene war ernst, aber ihre Augen glänzten irgendwie komisch, so als hätte sie ein Geheimnis. »Bevor wir anfangen, habe ich eine Bekanntmachung für euch, die mit dem heutigen Lehrplan kam.« Sie tippte auf der Tastatur ihres Notebooks, und die Klasse wurde augenblicklich still.

Ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden, las Laura vor: »Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Lillian Paterson gestern Nacht getötet wurde. Sie wurde auf dem Highway von einem Auto überfahren.«

»Scheißmörder«, flüsterte Mason. Jane ließ den Kopf hängen und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich versteifte mich und ballte unter dem Tisch die Fäuste.

Laura fuhr fort. »Bitte denken Sie daran, dass das Überqueren der Mauer ein Grund zum Arrest ist.«

Ich hob die Hand. »Ich habe eine Frage.«

Sie wirkte überrascht und unsicher, wie sie reagieren sollte, also fuhr ich einfach fort.

»Wir sind alle mit dem Auto hergekommen, und ich habe nur eine einzige Straße innerhalb von fünfzig Meilen gesehen, und die führt nur hierher. Wie kommt es dann, dass sie von einem Auto überfahren wurde?«

Laura runzelte die Stirn. »Die Umstände kennen wir nicht, aber …«

Ich unterbrach sie, Wut stieg in mir auf. »Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Sie wurde von einem Auto auf unserer Straße überfahren – aber das ergibt keinen Sinn, denn es ist kein Auto hergekommen –, oder sie ist in einer Nacht bis zum nächstgrößeren Highway gelaufen. Also, welche Möglichkeit ist realistischer?«

Um mich herum wurde getuschelt, aber ich starrte Laura an und wartete auf eine Antwort.

»Wir kennen die Umstände nicht«, wiederholte sie.

»Doch, das tun wir«, fuhr ich sie an. »In der Bekanntmachung steht, sie wurde von einem Auto überfahren.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.